Transatlantische Verleih- und Produktionsstrategien eines Hollywood-Studios in den 20er und 30er Jahren
Materialien zum 13. Internationalen Filmhistorischen Kongreß, Hamburg, 
16. - 18. November 2000.

Hollywood - Europa 


Paul Kohner/Hollywood sagt: 
"Nur in Europa produzieren!"

Es wurde in den letzten Monaten viel gesprochen, und es stand noch mehr geschrieben, daß die Internationalität des Films gefährdet sei. Wir stehen hier täglich diesem Problem gegenüber. Wir sollen unsere Filme für Europa verwendbar machen. Wie?
Ich war der erste in Hollywood, der synchronisierte, recht und schlecht. Wir waren auf einem Irrweg - wir wußten es. Wir zwangen die Sprache in ein Prokrustusbett. BROADWAY und SHOWBOAT war das Resultat.
Heute sieht man in Berlin synchronisierte Filme. Und man beurteilt sie wohlwollend, räumt ihnen Entwicklungsmöglichkeit ein. Die Filmknappheit ist schuld - gewiß! Ein Surrogat, technisch noch so präzise, wird empfindsameren Ansprüchen nicht genügen.
Eben versuchen wir ein neues System des Synchronisierens. Es ist - mit dem terminus technicus - hundertprozentig. Über das Verfahren liegt Schweigepflicht. Restlos überzeugt bin ich nur von einer Produktion in Europa. 
Der Import von deutschen Schauspielern ist unrentabel. Außerdem gibt ein "Test", drüben angefertigt, kein genügend vielfältiges Porträt der schauspielerischen Persönlichkeit. So fand man z.B. einen jungen Darsteller, den eine große Firma für die Hauptpartie in einem deutschen Film engagierte, nach persönlichem Augenschein ungeeignet. Obzwar die Probeaufnahmen aus Berlin dem Bilde des Regisseurs von dem darzustellenden Charakter entsprachen. Schnell mußte ein anderer geholt werden, dem der Typ besser lag. Also fehlt die Auswahl. Noch immer liegen zwischen Berlin und Hollywood elf Reisetage.
Die Lösung: amerikanisches Kapital nach Europa. Produktion da, wo man aus der Fülle des schauspielerischen Materials wählen kann, wo der augenblickliche Publikumsgeschmack fühlbar wird.
Alles andere ist Experiment, irgendwo unvollkommen, immer an Messers Schneide.Wir müssen in Europa produzieren. Das ist meine Überzeugung - das Resultat meiner Erfahrungen!

Film-Kurier, Nr. 184, 6.8.1930


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