Transatlantische Verleih- und Produktionsstrategien eines Hollywood-Studios in den 20er und 30er Jahren
Materialien zum 13. Internationalen Filmhistorischen Kongreß, Hamburg, 
16. - 18. November 2000.

Im Westen nichts Neues 


Sinclair Lewis zum Remarquefilm:
"Ich bin erschüttert"
Der Film wirbt für Deutschland / 
Ein gellender Schrei gegen den Krieg


Der amerikanische Schriftsteller Sinclair Lewis, der auf der Rückreise von Stockholm, wo er den Literatur-Nobelpreis in Empfang nahm, sich gegenwärtig in Berlin aufhält, bekam vor einigen Tagen die deutsche Fassung des Films IM WESTEN NICHTS NEUES vorgeführt. Er äußerte sich folgendermaßen über seine Eindrücke:
"Der Film war ein seelisches Erlebnis. Die wahrheitsgetreuen Szenen haben mich so furchtbar erschüttert, daß ich noch lange nach der Vorstellung im Banne dieses Films stand. Er ist ein gellender Schrei gegen das Ungeheuer des Krieges, daß man bisher noch nie bildlich so dargestellt hat. Daß man einen solchen Film in Amerika und gerade in Hollywood machen konnte, ist für mich eine ganz besonders erfreuliche Überraschung gewesen. Ich, der Hollywood und die amerikanische Filmtätigkeit so oft kritisierte, habe neuen Respekt und Achtung vor den Herstellern dieses Films gewonnen.
Was die Unparteilichkeit dieses Films anbetrifft, so kann ich nur sagen, daß die in ihm enthaltene Schilderung des deutschen Soldaten, seiner Moral und seines Kameradschaftsgefühls ganz überwältigend wirkt. Die ungerechten Vorstellungen, die man vom deutschen Soldaten während des Krieges in Amerika hatte, sind durch diesen Film völlig umgestoßen worden. Es ist ein ergreifendes Werk gewesen."
Zu dem Verbot dieses Films in Deutschland äußerte sich Sinclair Lewis folgendermaßen:
"Jeder, der meine Bücher kennt, weiß, welch große Liebe und Verehrung ich für Deutschland empfinde. Ich hoffe infolgedessen, daß eine Erklärung, die ich über den Film IM WESTEN NICHTS NEUES abgebe, keinesfalls als eine unerwünschte Einmischung in deutsche Verhältnisse und Gefühle gedeutet werden kann. Ich kann nur feststellen, daß ich den Film vor kurzem gesehen habe, und daß er mir alles mehr als ein Angriff auf Deutschlands Moral, vielmehr als Sympathiekundgebung für Deutschland erschien. Hätte ich nicht den Vorteil gehabt, Deutschland persönlich gründlich zu kennen, wie ich es wirklich kenne und liebe, so hätte ich von diesem großen epischen Film nur ein Gefühl der Liebe, Verehrung und Hochachtung für das deutsche Vaterland gewonnen."

Hamburger Echo, Nr. 361, 31.12.1930


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