CineGraph - Lexikon zum deutschsprachigen Film.


Heinz Pehlke - Kameramann

Biografie

siehe auch: Literatur, FilmMaterialien, Heft 7

Heinz Paul Helmut Pehlke wird am 8. Oktober 1922 als Sohn des Kaufmanns Friedrich Wilhelm Pehlke und dessen Frau Elisabeth, geb. Knaack, in Berlin geboren. In den Jahren 1939/40 besucht er dort die Schule für graphisches Gewerbe. Eine erste Faszination für die Arbeit in der Filmbranche stellt sich ein, als er 1939 während eines Urlaubs-Aufenthaltes am Millstätter See zufällig die Dreharbeiten zu Helmut Käutners KITTY UND DIE WELTKONFERENZ erlebt. "Mit 17 Jahren habe ich mir beim Sport einen Lungenriß zugezogen, und der Ausheilungsprozeß dauerte drei Jahre. Ich brauchte also nicht zur Wehrmacht, Glück im Unglück, wenn man so will. Der Arzt hat zu mir gesagt, sie sollten Landvermesser werden, da sind sie viel an der frischen Luft. Da habe ich mir gedacht, auf dem Stativ könnte ja auch ein Fotoapparat stehen statt eines Theodoliten, denn Interesse am Fotografieren hatte ich schon seit meinem zwölften Lebensjahr. 1942 habe ich dann also dieses Stativ ergriffen." (Pehlke zu Aurich/Behring, 1990/91).

Im Frühjahr 1942 hat er den ersten Kontakt mit der Firma Döring-Film-Werke am Lehrter Bahnhof in Berlin (Schlieffenufer 29-31), wo man ihn im Spätsommer 1942 als Volontär übernimmt. Die Döring-Film-Werke produziert unter anderen zahlreiche Werbefilme, führt aber auch Aufträge des Propagandaministeriums durch. Die Dreharbeiten zu einem Film über den "Einsatz ausländischer Arbeiter in Deutschland" führen Pehlke als Kamera-Volontär zusammen mit dem tschechischen Kameramann Friedrich Jurda für etwa sechs Wochen in und an die Konzentrationslager Auschwitz und Birkenau. Möglicherweise handelt es sich dabei um den im Bundesarchiv-Filmarchiv erhaltenen Propagandafilm WIR LEBEN IN DEUTSCHLAND (Idee und Gestaltung: Eberhard Lösser) von 1943, der sich allerdings in den Zensurlisten nicht findet. Der Vorspann der Kopie gibt keinen Aufschluß über eine Beteiligung Pehlkes.

Nach der Zerstörung des Firmengeländes der Döring-Film-Werke im Herbst 1943 versucht Pehlke, bei der Ufa eine Anstellung zu erhalten. Laut einem Vertrag zwischen der Ufa Filmkunst GmbH und Pehlke vom 26.8.1944 wird er zum 1.9.1944 als Kamera-Volontär eingestellt, bei einem Gehalt von 50 DM pro Woche (Bundesarchiv-Außenstelle Zehlendorf, Heinz Pehlke, RKK 2652, Box 0039, File 12). Nach eigener Aussage ist Pehlke schon zuvor mehrere Monate ohne schriftlichen Vertrag bei der Ufa als "Springer" tätig. Er absolviert eine Ausbildung in der firmeneigenen Kopieranstalt und in der mechanischen Kamera-Werkstatt.

Durch den kriegsbedingten Mangel an Kameraleuten wird Pehlke schon nach kurzer Zeit vereinzelt als Assistent bei der Ufa eingesetzt. Dem Kameramann Bruno Mondi bzw. dem Kamera-Schwenker Nowak wird er als Schärfenassistent etwa während des letzten Drittels der Dreharbeiten an Veit Harlans Propagandafilm KOLBERG (1943/44) zugeteilt. Eine seiner Aufgaben beschreibt er so: "Farbfilm wurde nicht nur nach Emulsionsnummern sortiert, sondern auch nach Güssen. Wir hatten einen großen Stempel, den hatte ich ins Drehbuch zu drücken, und darauf stand: 'Emulsionsnummer' und 'Gußnummer'. Wenn eine Außenaufnahme stattfand und man wechselte auf eine andere Position, oder das Wetter änderte sich, dann wurde die bereits exponierte Kassette herausgenommen, kam in einen von mehreren Koffern, wurde beschriftet, und die entsprechende Emulsions- und die Gußnummer wurden auch in den Drehbuch-Stempel eingetragen. Wenn man jetzt eine Anschlußsituation im Atelier hatte, dann legte der Kameramann nicht nur äußersten Wert darauf, sondern es war die Voraussetzung, daß diese Rolle dann mit dem Anschluß gedreht wurde, weil die Güsse beim Agfa-Material noch sehr unterschiedlich waren, so daß man dem entgegenarbeiten wollte, um wenigstens dort eine gewisse Anschlußkontinuität zu haben. Ich hatte also drei oder vier Koffer mit je vier Kassetten, neben der Schärfe und dem Ein- und Auslegen - ein Fulltime-Job." (Pehlke zu Becker, 1992).

Im September und Oktober 1944 assistiert er dem Kameramann Igor Oberberg während der letzten 14 Drehtage von Käutners Schwarzweißfilm UNTER DEN BRÜCKEN an der Glienicker Brücke sowie im Atelier (Titelerstellung). Zu dieser Zeit liegt Berlin unter ständigem Bombardement. "Mir war wichtig, daß ich meine Kamera vor Einwirkungen des Krieges bewahrt habe."

In einem Brief an die Reichsfilmkammer vom 8.11.1944 beantragt die Ufa für Pehlke eine Sondererlaubnis zur Mitarbeit als Kamera-Assistent an Wolfgang Liebeneiners DAS LEBEN GEHT WEITER (1944/45). Als Assistent des Kameramanns Heinz von Jaworsky ist er im Januar und Februar 1945 mit Trickaufnahmen zu diesem niemals fertiggestellten Film beschäftigt. "Es wurde unter anderem ein Rückprojektions-Hintergrund für einen nächtlichen Berliner S-Bahnhof gebraucht, auf dem suchende Flak-Scheinwerfer und abgeworfene sogenannte 'Christbäume' zu sehen sein mußten. Wir haben durch sechzehnfache Belichtung eines Streifens den Effekt erzielt, als ob Scheinwerfer am Himmel suchen und 'Christbäume' herunterschweben. Dies wurde der Hintergrund für eine Abschiedsszene auf dem verdunkelten S-Bahnhof. Die Absurdität dabei war, im Trick das herzustellen, was wir in Realität permanent erlebten." (Pehlke zu Becker). Zusätzlich wird Pehlke zu den Aufnahmen der Massenszenen am aufwendig im Atelier nachgebauten, riesenhaft wirkenden Anhalter Bahnhof herangezogen.

Anfang Februar 1945 wird Pehlke zum "Volkssturm" eingezogen. Vier Wochen lang bewacht er "mit italienischen Karabinern ohne Munition" (Pehlke) in Spandau sowjetische Kriegsgefangene, wird dann zu einem Flugabwehr-Lehrgang versetzt und Anfang März vom Dienst freigestellt.

Zurück in Babelsberg, ergibt sich für ihn eine Kameraassistenz bei Robert Baberske in der Herstellungsgruppe von Eberhard Schmidt. In Tirol soll Harald Braun für die Ufa den Liebesfilm DAS GESTOHLENE GESICHT inszenieren. Pehlke stellt dafür die Kameras zusammen. Durch einen noch nicht von alliierten Truppen eroberten Teil Thüringens gelangen in der zweiten Märzhälfte einzelne Mitglieder des Filmteams von Berlin aus mit der Eisenbahn bis nach Mayrhofen im Zillertal. "Es schien die Sonne. Schnee. Frühlingsluft. Dieser Abstand zu all dem Dreck, der hinter uns lag! Alles, was aus Berlin raus wollte, hatte sich in diesen Film gedrängt. Der ursprüngliche Stab von 20 bis 25 Mann wuchs zwischen März und Juni auf 60 bis 70 Leute an." (Pehlke zu Becker). Das geplante Filmvorhaben wird ohne Rohfilmmaterial "realisiert". Man "dreht" Dialogszenen, jedoch weder Aktionen noch Fahrszenen.

Als Mayrhofen zunächst von amerikanischen und anschließend von französischen Truppen besetzt wird, verdingt sich Pehlke gegen Bezahlung in Naturalien unter anderem als Fotograf für ein Geschäft am Ort. Zur Unterhaltung der Soldaten werden im Gemeindesaal Filme vorgeführt. Zusammen mit einem anderen Berliner transportiert Pehlke mit französischer Erlaubnis Filmkopien zwischen Mayrhofen und Baden-Baden. Auf diese Weise gelingt es beiden im September 1945, mit gefälschtem Permit die amerikanisch besetzte Zone zu durchqueren und das britisch besetzte Hamburg zu erreichen, von wo aus Pehlke weiter nach Neumünster zu Verwandten fährt. Von Ende Oktober bis zum Winter 1945 bestreitet Pehlke dort seinen Lebensunterhalt durch den Verkauf von Filmmaterial für die Fotokameras der englischen Soldaten, das er auf einem ehemaligen deutschen Fliegerhorst in Holstein beschafft und zurechtschneidet.

Zu dieser Zeit erfährt er vom Treffen einiger Filmleute im Shell-Haus in Hamburg, organisiert von Helmut Käutner. Es geht um die Neugründung einer Filmfirma, der späteren "Camera-Film GmbH" (Lizenzierung am 27.5. 1946 in Hamburg). Bei deren erster Produktion (zugleich der erste deutsche Nachkriegsfilm in der britischen Besatzungszone), Käutners IN JENEN TAGEN, ist Pehlke während der achtmonatigen, diskontinuierlichen Drehzeit im harten Winter 1946/47 als Assistent von Igor Oberberg und zeitweilig 2. Kameramann tätig. Von der Deutschen Wochenschau bekommt das Team jene zunächst von den Engländern requirierte Ufa-Kamera zugeteilt, mit der Liebeneiner in die Heide gezogen ist, um DAS LEBEN GEHT WEITER zu drehen, jedoch aus Mangel an Rohfilm vor einer ähnlichen Situation gestanden hat wie das Team in Tirol (vgl. die ausführliche Produktionsgeschichte bei Blumenberg, 1993).

IN JENEN TAGEN entsteht weitgehend im Freien, da an Ateliers zu dieser Zeit nicht zu denken ist. "Bei der Rußland-Sequenz, die wir bei Dannenberg an der Elbe bei minus 25 Grad gedreht haben, ist die Kamera stehen geblieben, weil sie eingefroren war. Mit kleinen Propangas-Öfen haben wir dann die Kamera warmgehalten. Der Film mußte in einer Schlaufe in die Kamera eingelegt werden, aber das ging bei der Kälte gar nicht, er brach immer ab beim Einlegen. Nach Disposition wurde sowieso nicht gearbeitet, sondern es wurde das gedreht, was gerade machbar und möglich war. (...) Als ich zu dem Team kam, war die erste Frage: Können Sie Auto fahren? Natürlich kann ich Auto fahren, habe ich gesagt. Dabei hatte ich keine Ahnung. Na, dann kriegen sie diesen Spielwagen - der Film drehte sich ja um die Geschichte eines Autos während der Nazi-Zeit -, und damit werden dann die Kamera und andere technische Geräte transportiert, dann haben wir die Apparaturen immer gleich dabei. Na großartig, habe ich gedacht. Ich bin nach Neumünster gegangen und habe dort auf abenteuerliche Weise im Schnelldurchgang einen Führerschein gemacht. Jedenfalls war ich durch das Auto beweglich, und das war ein riesiger Vorteil." (Pehlke zu Aurich/Behring, 1990/91).

Als Assistent des Kameramanns Franz Weihmayr ist Pehlke anschließend für den Spielfilm WEGE IM ZWIELICHT (1947/48, Gustav Fröhlich) bei der niedersächsischen Firma Junge Film-Union (Lizenzierung am 1.4.1947) in Bendestorf nahe Hamburg beschäftigt und unter Albert Benitz für die drei in der zweiten Jahreshälfte 1947 vorbereiteten und 1948 aus Kostengründen en bloc realisierten Kurzfilme STADTMEIER UND LANDMEIER (Gottfried Lange), SIE SIND NICHT GEMEINT (Answald Krüger) und DIE ZAUBERSCHERE (Horst Beck). "Die Produktion dieser Filme bedeutete (...) eine Förderung der Junge Film-Union durch die britischen Kontrollbehörden in der einen oder anderen Weise. (...) Die Junge Film-Union hatte zu diesem Zweck ein kleines Atelier in Hamburg-Ohlstedt angemietet, wo sie mit einem eigenen Stab die Filme realisierte." (Stettner, 1992).

Für den Kurzfilm MUSIK ZUM MITNEHMEN (1949), produziert von der Real-Film (Lizenz: 10.1.1947) unter der Regie von Bodo Menck, wird das Auto aus IN JENEN TAGEN dazu benutzt, um von Hamburg nach Hannover zu gelangen. Bei der dortigen Deutschen Grammophon GmbH entstehen die Aufnahmen von der Schallplatten-Herstellung. Pehlke bildet mit dem damals 23jährigen Menck, der bei der Real-Film "schon bald zum Leiter der Kulturfilmabteilung avancierte und der für weit über zwanzig Filme verantwortlich zeichnen sollte" (Bögner, 1987), in der ersten Hälfte der 50er Jahre ein häufig kooperierendes Gespann beim Kulturfilm. EIN TRAUM WIRD WAHR, 1954 von Menck inszeniert, preist die Vorteile des eigenen, durch Bausparkassen ermöglichten Hausbaus. In dem mit professionellen Schauspielern besetzten, schlicht erzählten Film besticht besonders die erste Einstellung durch ein irritierendes grafisches Muster, aus dem sich die dann folgende Handlung entwickelt.

Als allmählich eine eigene Kundschaft für Industrie- und Kulturfilme entsteht, der Kontakt zum Spielfilm jedoch abzureißen droht, kehrt Pehlke wieder als Schwenker (Operator) zum Spielfilm zurück, um zusätzliche Kenntnisse von der Lichtführung zu erlangen.

Im Sommer 1952 betreut er unter der Regie von Eugen York neben Willy Winterstein als Kameramann DAS SPARSCHWEIN , den ersten (nur für Rundfunkhändler bestimmten) Versuch mit einem Fernsehspiel aus dem Studio im Hochbunker auf dem Heiligengeistfeld in Hamburg. Ein Engagement bei der DEFA für den Henny Porten-Film CAROLA LAMBERTI (Hans Müller, 1954) kommt über Probeaufnahmen Pehlkes nicht hinaus.

Zu Beginn der 50er Jahre stagniert seine Laufbahn. Er "dreht oft große Filme seiner Chefs zuende, weil diese bereits einen Anschlußfilm haben, der sich mit dem vorhergehenden um ein paar Tage überlappt. (...) 'Wir haben ja den Heinz', wird bald das geflügelte Wort, wenn Not am Mann ist. (...) 'Ich (...) war enttäuscht, hatte sieben oder acht Filme fertig gedreht und nie auf dem Titel gestanden! Ich kam in Hamburg einfach nicht weiter.'" (Pehlke zu Fischer, 1994).

Seine bemerkenswerteste Arbeit dieser Periode ist 1956 VOR SONNENUNTERGANG (nach Gerhart Hauptmann), eine Inszenierung des Remigranten Gottfried Reinhardt mit Hans Albers in der Hauptrolle eines alt gewordenen Patriarchen. Komplizierte und weit ausgreifende Kamerabewegungen in aufwendiger Architektur kennzeichnen diesen Schwarzweißfilm des Kameramanns Kurt Hasse, den Pehlke wiederholt als seinen "Lehrmeister" bezeichnet und mit dem er hier eine kongeniale Kooperation vorlegt.

Zur Hälfte der Dreharbeiten an dem von Albert Benitz fotografierten Film TIERARZT DR. VLIMMEN (Arthur Maria Rabenalt) wird Pehlke 1956 von dem berliner Produzenten Wenzel Lüdecke für einen vom Journalisten Will Tremper geschriebenen und von Georg Tressler inszenierten Jugendfilm als Chef-Kameramann engagiert: DIE HALBSTARKEN. Ursprünglich ist Ekkehard Kyrath vorgesehen, doch der mit einer auf authentische Stimmungen abzielenden Lichtführung im Kontrast zur damals noch immer dominierenden "geleckten Ufa-Fotografie" stehende Film wird Pehlkes Durchbruch. "Ich hatte anfangs Mühe, Tressler von der Wirksamkeit ungewöhnlicher Perspektiven zu überzeugen, aber wir wurden innerhalb kurzer Zeit ein gutes Team! Ich bin bei den HALBSTARKEN davon ausgegangen, daß das überwiegend ein Straßenfilm ist und habe versucht, nicht nur aus Überzeugung, sondern auch wegen des Budgets 'kleine Brötchen zu backen' (...). Manche Stilveränderung(en) im französischen und später auch im 'Jungen Deutschen Film' sind durch Einschränkungen und aus Not entstanden. Wenn der Stoff es zuließ, konnte sich aus solchen Zwängen durchaus etwas Positives ergeben. Überdies kamen die zwangsweisen Einschränkungen im Aufwand bei Dreharbeiten schon damals meiner Überzeugung entgegen, Filme eher aus sinnlicher Wahrnehmung und subjektiver Empfindung heraus zu fotografieren als vom Intellekt her. Ich hole mir zum Beispiel ganz direkt Impulse zur Beleuchtung, wenn die Schauspieler vor mir stehen." (Pehlke zu Fischer, 1994).

Ab DIE HALBSTARKEN arbeitet Pehlke beim Kinofilm stets mit Schwenker (Ausnahme: DAS FEUERSCHIFF), weil er von dieser Arbeitsteilung überzeugt ist. Sein Schwenker ist in den Jahren 1957-62 wiederholt Wolfgang Treu. "In der damaligen Arbeit wurde viel mehr Gerät benötigt. Die Unempfindlichkeit des Filmmaterials, mehr Lampen, die Arbeit im Studio, die vielfältigeren fotografischen Prozesse - da war eine solche Arbeitsteilung schon angebracht. Wenn man dem Stoff gerecht werden wollte, war es gut, von der [körperlichen] Kameraführung entlastet zu sein und sich dem künstlerischen Lichtprozeß widmen zu können. Die Bildgestaltung wurde festgelegt vom Regisseur und dem Chefkameramann, und der Schwenker war der Vollzieher. Nach dem Niedergang der Filmindustrie und dem Aufkommen des Fernsehens wurde diese Position dann wegrationalisiert." (Pehlke zu Jochum, 1983).

Pehlkes erster Film als verantwortlicher Kameramann unter der Regie Helmut Käutners ist DIE ZÜRCHER VERLOBUNG. Diese Komödie - zugleich sein erster Farbfilm - entsteht 1956/57 wieder für die Real-Film, bei der er anschließend für John Oldens Hotelklamotte TOLLE NACHT (1957) und - erneut mit Käutner - bei DER SCHINDERHANNES (1958) engagiert ist. Zuvor dreht das Gespann Käutner/Pehlke in den Bavaria-Ateliers München-Geiselgasteig sowie in Paris für die Neue Deutsche Filmgesellschaft einen leichten Stoff: An MONPTI (1957) ist neben Romy Schneider das Schönste sein Rhythmus, etwa das stete Schwanken zwischen Aktion und Ruhe. Zum Beispiel beim Verfolgen einer klaren Handlung (einmal, auf dem Gemüsemarkt, sogar mit der Handkamera), oder auch dem beiläufigen Herumstreifen der Kamera in der Mansarde von Horst Buchholz. Oder bei den vielfältigen Tonarten der Erforschung von Romy Schneiders Gesicht. Was Heinz Pehlke bei seinem zweiten Film für Käutner in Eigenverantwortung dabei erreicht, schließt das Mädchenhafte, Naive und doch sanftmütig Verschlagene (bisweilen sogar Lügnerische) ebenso ein wie das Reife, das im Augenblick der Erfahrung entsteht.

Zu den MONPTI-Dreharbeiten in Paris erscheint ein Pressetext für die Feuilletons: "Auf dem Boulevard St. Michel hat Helmut Käutner seine Kamera versteckt. Von einem robusten Baumstamm und zwei nicht minder stämmigen Flics sorgsam abgeschirmt, kauert Kameramann Heinz Pehlke im Verborgenen und richtet sein Objektiv auf die vorüberhastenden Passanten, läßt es wandern über den turbulent fließenden Straßenverkehr und den lebhaften, lautstarken Betrieb in den Straßencafés und bleibt schließlich an einem Tisch hängen. Dort sitzt ein junges Mädchen vom Durchschnittstyp der 'petite parisienne', ganz allein, und sieht ein wenig traurig und verlassen aus. Man muß schon zweimal hinsehen, um Romy Schneider zu erkennen. Die Kamera nimmt ihre Wanderung wieder auf und schweift hinüber zu der anderen Straßenseite, zu einem anderen Tisch, vor einem anderen Café. Hier begegnet sie einem jungen Mann, der ein bißchen nach St. Germain-de-Près ausschaut. Er liest gelangweilt und ein bißchen mißmutig eine ungarische Zeitung, und als er das Blatt mal einen Augenblick sinken läßt, kann es keinen Zweifel mehr geben, daß wir es mit Horst Buchholz zu tun haben. Als die Einstellung (Buchnummer 25 aus dem Drehbuch nach Gábor von Vaszarys Roman 'Monpti': Monpti und Anne-Claire, als sie noch nicht wissen, daß sie füreinander bestimmt sind) abgedreht ist, atmen Käutner und Pehlke tief auf und freuen sich wie die Lausbuben, denen wieder ein Streich geglückt ist." (Helmut Käutners heimliche Kamera. Ringpress. Original im Archiv der Akademie der Künste, Berlin, Nachlaß Helmut Käutner)

In der Zeitschrift Film-Telegramm (Nr. 23, 3.6.1958) äußert sich Pehlke, der sowohl mit Eastmancolor als auch mit Agfacolor arbeitet, kritisch zum Umgang mit der Farbfilmpraxis im deutschen Kinofilm. Er geht von etwa zehn grundsätzlichen Fehlerquellen aus (bei den Dreharbeiten, im Kopierwerk, im Filmtheater, bei Aufnahmen im Breitwandverfahren), die für eine verminderte Farbbild-Qualität verantwortlich sein können.

Horst Buchholz und Karin Baal in DIE HALBSTARKEN

DAS TOTENSCHIFF (1959), ein Schwarzweiß-Film, ist nach DIE HALBSTARKEN Pehlkes zweite Zusammenarbeit mit Georg Tressler und stellt einen Höhepunkt im Werk des Kameramanns dar. Die Adaptation des Romans von B. Traven filmt er schnörkellos und ganz im Dienste der erzählten Abenteuergeschichte. Die Stärken dieser Arbeit liegen hauptsächlich im idealen Zusammenspiel von Regie, Kamera und Darstellern, der Film setzt "weniger auf atmosphärische Dichte und philosophische Perspektiven als auf Tempo und Action." (Pit Riethmüller, Roland Zag: Georg Tressler. In: CineGraph, Lg. 3, 1985). Inzwischen gilt DAS TOTENSCHIFF als eines der herausragenden Beispiele des westdeutschen Films der 50er Jahre.

Pehlkes zweite Kooperation mit Jürgen Roland (nach dem Dokumentarfilm ZWISCHEN EBBE UND FLUT, 1950) ist dessen erste Spielfilmregie: DER ROTE KREIS (1959/60), einer der frühesten bundesdeutschen Filme nach den Romanen von Edgar Wallace, bleibt Pehlkes einziger Ausflug in dieses Genre. Der aus Kostengründen im Palladium Studio in Kopenhagen-Hellerup in Schwarzweiß gedrehte Film leidet zwar unter einer spätestens nach der Hälfte verwirrenden Handlung, zeugt aber in einigen Situationen von einem gelungenen Zusammenspiel zwischen Filmarchitektur und Kameraarbeit, das besonders in Innenräumen häufiger auf einen expressiven Effekt abzielt, der jedoch nie den Bezug zur Handlung verliert. Möglicherweise hat nicht zuletzt die ausgedehnte Drehzeit von etwa einem Vierteljahr zu einer ganzen Reihe von sorgfältig fotografierten und in der Lichtführung präzise ausgearbeiteten Passagen geführt. Das betrifft auch solche Aufnahmen, die im Stil dokumentarisch gehalten sind.

Zur Arbeit mit William Dieterle, für den er zwischen 1960 (DIE FASTNACHTSBEICHTE) und 1962 (DAS VERGNÜGEN, ANSTÄNDIG ZU SEIN) einen Kinofilm, drei Fernsehfilme und eine Theateraufzeichnung (ANTIGONE) fotografiert, berichtet Pehlke später: "Die Ufa hatte mich für DIE FASTNACHTSBEICHTE vorgesehen. Das lief dann auch an, ich war aber Herrn Dieterle noch nicht begegnet und habe gespannt darauf gewartet. Am ersten Drehtag bin ich das erste Mal mit ihm zusammengetroffen. Er ist ja ein Herr von beträchtlicher Größe - was ich nicht bin -, immer behütet und trägt an jedem Tag frische weiße Handschuhe. Die erste Aufnahme war: Eine Kutsche fährt an der Treppe einer Kirche vor. Es wurde eine Probe gemacht, und ich habe ihn gefragt: 'Herr Dieterle, wie sehen Sie das?' 'Ja', war seine Antwort. Ich habe also ein Praktikabel kommen lassen, damit ich einen hohen Standpunkt bekomme für die Treppenstufen. Das wurde akzeptiert, und wir haben es gedreht. Dann habe ich nach dem nächsten Bild gefragt, wie es inszeniert wird - ich habe immer insistiert, weil ich nicht wußte, wie es weitergeht. Seine Antwort war: 'Das werden wir schon sehen.' Es war sehr frostig. Am nächsten Tag bin ich zu meinem Produktionsleiter gegangen und habe ihm gesagt, ich wüßte nicht, ob ich hier wohl gelitten bin. Es näherte sich die Hälfte der Woche, das Klima wurde etwas wärmer. Und jetzt mache ich einen großen Sprung, um es nicht zu kompliziert zu machen: Es wurde ein Verhältnis wie Vater und Sohn. Er hat mich wirklich mit seiner ganzen Größe umarmend angenommen, nachdem wir zehn Tage zusammen waren. Was war passiert? Das haben mir dann andere Leute erzählt: Vorher hatte er mit Richard Angst gedreht, HERRIN DER WELT. Es hat zwischen den beiden überhaupt nicht funktioniert. Er hatte das Gefühl, Angst [er beendet den Film nach einem Zerwürfnis zwischen Dieterle und Produzent Artur Brauner] hätte noch die Nazi-Allüren drauf in seiner etwas präpotenten Art. Er hatte also einen totalen Frust über einen deutschen Kameramann. Und da hat er vermutlich erwartet, ich sei noch ein junger Nazi. Das wurde aber nie ausgesprochen. Nach 14 Drehtagen wurde es ein herzliches Verhältnis, und daraus entstanden die weiteren Filme, die wir zusammen gemacht haben." (Pehlke zu Aurich, 1995).

Nach Brasilien führen Pehlke die Dreharbeiten zu Wolfgang Schleifs WEIT IST DER WEG (1960). Die bewegte Kamera ist hier ganz entschieden ein erzählerisches Mittel: So fährt sie auf einer Straßenbahn oder begleitet auf einem LKW "Candangos", Tagelöhner und Obdachlose aus den Hungergebieten des Nordostens, die von ihrer harten Tätigkeit beim Aufbau der künftigen brasilianischen Hauptstadt Brasilia auf der menschenleeren Hochebene des Planalto unter brennender Sonne zurück in ihre Quartiere gebracht werden. Aus dieser Fahrt entwickelt sich ein von Freddy Quinn gesungenes Lied ("Weit ist der Weg"), in das seine Kollegen summend und brummend einfallen - eine in ihrer Schlichtheit ergreifende Szene. Mit einer bescheidenen Split-Screen-Sequenz wartet dieser Film ebenso auf wie mit Aufnahmen von neuen, noch unbewohnten Rohbauten in Brasilia. Was die Architekten der neuen Hauptstadt, Oscar Niemeyer und Lucio Costa, wollten, teilt sich in Pehlkes Bildern deutlich mit: eine Metropole von Licht, Luft und Sonne zu schaffen, sauber wie ein Klinikraum. Doch wirkt sie hier vor allem monoton und eintönig. Blauer Himmel und Beton: Das ist der Kamera-Subtext.

"Vor allem die Anforderung, Schwarzweiß und Farbe innerhalb eines Jahres mehrfach im Wechsel zu fotografieren, war äußerst schwierig. Es bedeutete jedesmal eine Umstellung. So kam ich beispielsweise bei SCHWARZER KIES, einem realistischen Schwarzweißfilm, gerade von einem Freddy-Quinn-Farbfilm aus Brasilien. Der Einstieg beziehungsweise die Umstellung mußte innerhalb von zwei Tagen bewältigt werden." (Pehlke zu Fischer, 1994).

SCHWARZER KIES (1960/61), Käutners Erzählung von der deutsch-amerikanischen Freundschaft in der westdeutschen Provinz, ist von Pehlke weitgehend in düsteres Licht getaucht. Der Film, "der in der sozialen Dunkelzone zwischen dumpfen Bauern und ahnungslosen Besatzern die heillose Verstrickung zum Thema macht", kennt kaum Helligkeit. Vieles geschieht des Nachts oder am Morgen, manches im Zwielicht: "Heinz Pehlkes Fotografie im extremen Schwarzweiß läßt die Schwarzwerte über Weiß dominieren." (Witte, 1992).

Auch für Wolfgang Liebeneiners Farbfilm DAS LETZTE KAPITEL (1961), die "Nachmalung" des Romans von Knut Hamsun, ist Pehlke besonders um eindringliche Stimmungen in den rauhen Landschaften Norwegens bemüht. Zu dieser Zeit entstehen im nördlichen Europa mehrere deutsche und österreichische Filme nach skandinavischen Literaturvorlagen. Anders als bei den hier erstaunlich zahlreichen Innenaufnahmen (vor allem des Sanatoriums und einer Bauernhütte) setzt Pehlke auch einmal die Handkamera ein, wenn er damit etwa der heuschleppenden Figur des Bauern Daniel (Hansjörg Felmy) nachfolgt. Der Tod einer anderen Figur wird mit einer "subjektiven", das heißt: unschärfer werdenden Kameraeinstellung gefilmt.

Zu der Zeit beginnt für Heinz Pehlke erstmals eine längere Phase weitgehend ohne Kinofilm-Produktionen. Er arbeitet statt dessen mit renommierten Regisseuren wie Falk Harnack und William Dieterle an literarischen Fernsehfilmen im 35mm-Format wie ICH FAND JULIA HARRINGTON (1960, nach Sidney Carroll), DIE MARQUISE VON ARCIS (1961, nach Carl Sternheim), JEDER STIRBT FÜR SICH ALLEIN (1962, nach Hans Fallada), GABRIEL SCHILLINGS FLUCHT (1962, nach Gerhart Hauptmann) und DAS VERGNÜGEN, ANSTÄNDIG ZU SEIN (1962, nach Luigi Pirandello). Auch andere Beteiligte an diesen Produktionen, zum Beispiel die Filmarchitekten Emil Hasler, Fritz Maurischat, Gabriel Pellon und Hans-Jürgen Kiebach, haben zuvor beim Kinofilm gearbeitet. Die Phase der Fernsehproduktionen wird noch einige Male unterbrochen, bevor daraus Pehlkes Hauptarbeitsgebiet wird.

"Da gab es ein richtiges Loch: Der Film war zu Ende, der Junge Deutsche Film war gerade erst im Aufbruch - eine richtige Generationsverschiebung. Man kannte sich ja auch gegenseitig nicht oder wollte sich nicht kennen. Da gab es für meine Generation einen richtigen Break. Wenn man den Beruf also weiter ausüben wollte, dann mußte man sich einfach mit dem Fernsehen einlassen. Und mit zusammengebissenen Zähnen haben wir das auch gemacht. Von da aus driftete es ganz automatisch auseinander. Allmählich arbeitete man fast ausschließlich für das Fernsehen, der Draht zum Kinofilm war gerissen." (Pehlke zu Jochum, 1983).

Die komplizierten und von widrigen Wetterverhältnissen beeinträchtigten Arbeiten zu der Siegfried Lenz-Adaption DAS FEUERSCHIFF (1962/63, Ladislao Vajda) finden weitgehend auf See statt - mit Ausnahme der Innenaufnahmen, die im Atelier entstehen. Die aggressive erzählerische Konstellation mit drei flüchtigen Bankräubern an Bord des Schiffes löst Pehlke in der beklemmenden Enge der Innenräume durch eine ausgeprägte Tiefenschärfe, die auch unter den gegebenen engen räumlichen Verhältnissen eine klare Relation der Personen untereinander erlaubt. Mit anderen, eher innermedialen Widrigkeiten hat es Pehlke zu tun in HEIMWEH NACH ST. PAULI (1963, Werner Jacobs). Hier, innerhalb der Handlung eines Kinofilms, erscheinen bereits ausführlich Elemente des Fernsehens und seiner Show-Methoden, die recht genau den nahenden Abschied von der Leinwand benennen. Eine amerikanische TV-Show mit dem ursprünglich aus Hamburg stammenden Sänger Jimmy Jones (Freddy Quinn) und mit Jayne Mansfield fotografiert Pehlke übertrieben bunt und grell. Erstaunlich ist, wie unnatürlich bunt (aber nicht farbig) auch die anschließenden Bilder nach Jimmys Rückkehr in Hamburg ausfallen. Allerdings finden hier fast ausschließlich gemalte Dekorationen Verwendung. Unbeabsichtigt verknüpft scheint diese Rückkehr von den kommerziellen Auswüchsen zu den (heuchlerisch) ursprünglichen Verhältnissen mit einer ästhetischen Bewegung von der großzügigen Weite Amerikas hin zur bedrückenden Enge Deutschlands.

1965, als der westdeutsche Atelierfilm vor Schwäche kaum noch existiert, hat Pehlke auch einen Film wie die deutsch-österreichische Coproduktion AN DER DONAU, WENN DER WEIN BLÜHT (Geza von Cziffra) zu fotografieren. Es gibt in dieser simplen Liebesgeschichte, die auf und an der Donau spielt, einige Zooms, die zuvor von Pehlke nicht zu sehen waren. Angenehm wirken die gleitenden Fahrten der Kamera auf Donaudampfern.

Wie eine letzte machtvolle Demonstration der Kraft des Kinos wirkt hingegen noch einmal James Hills DIE HÖLLE VON MACAO (1966). Der Einstieg ist vehement. In einem Waggon prügeln sich zwei Männer ausgiebig, der Kampf ist in seiner Dramaturgie stark aufgelöst. Eine Atmosphäre der Bedrohung legt sich über das Geschehen. Als effektvoll kann die Fotografie eines Leichenraums gelten. Die Erzählung folgt den einfachsten Methoden: ein Kampf, eine Flucht, Verfolgung, eine Kaschemme, ein Hafen. Aber nichts von der Handlung ist dadurch klar. Die Jagd nach einem Medaillon kulminiert in einer aufwendig gebauten Schatzhöhle. Die Dramatik des Eingesperrtseins und des Kampfes in dieser Höhle verstärken sich beträchtlich durch die Verwendung der Handkamera.

Pehlke, der seine Tätigkeit als "Delegierungsberuf" versteht, dessen Autonomie als "lighting cameraman" während der Produktion unangetastet bleiben muß, bezeichnet sich als "Entwicklungsbetroffenen", dem ästhetisch-ökonomische Kontinuitäten nicht gestattet waren. So habe man in dem Bereich, mit dem er Berührung hatte, dem "großen Atelierfilm", beispielsweise nur wenig mit den Einflüssen des italienischen Neorealismus anzufangen gewußt. Später, beim Fernsehen, möchte Pehlke die Wirkung des dort häufig verwendeten, weil ökonomisch erzwungenen Zoom-Objektiv-Einsatzes minimieren, indem er versucht, dessen nervösen Effekt möglichst in einer Fahrt oder einem Schwenk zu verstecken.

Zu Pehlkes Kino-Arbeiten in den 60er und 70er Jahren gehören auch zwei von Oswald Kolle geschriebene und produzierte Aufklärungsfilme (DEIN MANN - DAS UNBEKANNTE WESEN, 1969/70, und DEIN KIND - DAS UNBEKANNTE WESEN, 1970, Werner M. Lenz) sowie 1978 ein typisches "Abschreibungsprojekt" wie Klaus-Dieter Langs ALCAPTAR, eine auf Gran Canaria gedrehte historische Abenteuerschau.

Hauptsächlich jedoch arbeitet er für das Fernsehen. REISE OHNE WIEDERKEHR (1989, Alexandra von Grote), seine letzte Arbeit, ist in ihren erfreulichen Aspekten deutlich das Resultat eines bewußt gestalteten, schwarzweißen Filmbildes, und weniger das einer Inszenierung. Bei Außenaufnahmen zu dieser Geschichte über NS-Euthanasie ist der Bildhintergrund oft so hell überstrahlt, daß er ohne Konturen bleibt - ein Horizont, der zu verschwimmen scheint. Ein ähnlich gespenstischer Effekt stellt sich ein, wenn vor den Nazis Flüchtende Nebelwände als Schutz in Anspruch nehmen. Auch Innenräume (es gibt ständig Blicke durch Fenster von innen nach außen, selten hingegen umgekehrt) arrangiert er in gewisser Weise assoziationsreich: Wand und Boden der Kantine einer Anstalt, in der "lebensunwerte" Kinder getötet werden, sind geradezu überzogen von zahlreichen dünnen Schattenlinien und Streifen, denen zwar Symbolhaftigkeit abgeht, die aber für Irritation sorgen. Und wenn der Eßraum eines Klosters (als Refugium für gerettete Kinder) mit einer langen, beinahe leeren Tafel ins Bild gesetzt wird, dann fällt von der linken Seite durch die gleichmäßig angeordneten Fenster strahlend helles Licht. Es ist eine Situation der klar geäußerten Hoffnung. So wollen die beiden Hauptfiguren in die Schweiz auswandern, um dort beim Roten Kreuz zu helfen, und ein junger Geistlicher hat vor, sich dem deutschen Widerstand anzunähern. Die optisch allerdings so gar nicht optimistische Sequenz schließt mit einer sanften Kamera-Rückfahrt über die Eßtafel, so daß rechts und links im Bildrahmen immer mehr leere Plätze erscheinen. Die Symbolik dieser Sequenz bleibt vernebelt.

Die Unsicherheit der Existenzsicherung begleitet Pehlke als freiberuflichen Kameramann über 40 Jahre lang. Trotz der großen Konkurrenz in seinem Beruf bindet er sich nie fest an eine Fernsehanstalt, begibt sich in keinerlei institutionelle Abhängigkeit. Stattdessen bemüht er sich, diese "soziale Frage" gegenüber den Produzenten besser zur Sprache zu bringen, indem er 1981 den Berufsverband deutscher Kameraleute (BVK) mitbegründet und sich bis 1986 im Vorstand und bis heute in vielfältiger Weise engagiert. 1982-85 lehrt Pehlke sporadisch als Dozent an der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin (DFFB) über Lichtführung.

Heinz Pehlke und seine Auszeichnung als "Ehrenkameramann des Jahres 1994". Foto: Wolfgang Fischer

Zum Ende der 80er Jahre beginnt Heinz Pehlke, Bilanz zu ziehen. Unmittelbar vor seiner bislang letzten Filmarbeit äußert er sich unter anderem zu den aus seiner Sicht entscheidenden Übergängen von der Schwarzweiß- zur Farbfotografie sowie vom Film zum Fernsehen: "Das, was mich an dem Beruf am meisten interessiert hat und heute noch interessiert, das ist die Lichtführung im Kinofilm. Die Beleuchtung für Farbe hat natürlich ganz neue Aspekte aufgeworfen, die wir aus dem Schwarzweißfilm gar nicht kennen konnten, und wenn wir unsere Kenntnisse aus dem Schwarzweißfilm benutzten, haben wir damit auch nicht immer die besten Ergebnisse erzielt. Das war eine neue Erfahrung, mit Licht für Farbe umzugehen, weil Farbe ja Kontraste von sich aus bringt, während der Kontrast beim Schwarzweißfilm durch die Lichtführung besonders beeinflußt wird und damit also auch ganz andere Beleuchtungsprinzipien notwendig waren, die heute nahezu in Vergessenheit geraten sind. Wenn man Fotografie nicht nur als eine Art 'Konservierung mit Licht' betrachtet, wird man selbst an 'geschmäcklerisch' fotografierten Filmen ablesen können, wie elementar die Lichtgestaltung ist. Aber diese 'Konservierung mit Licht' ist beim Fernsehen fast gang und gäbe. Ganz extrem sagen wir: 'schnell und hell', ein Licht gegen die Decke und alles ist hell, wir können drehen. Das geht heute, und es ist alles drauf und es wird gesendet. Das ist ja Meilen entfernt von dem, was wir mal gelernt haben. Ich habe versucht, auch in den kleinen Aufträgen der Fernsehserien (...) immer noch einen Kompromiß zwischen einem Anspruch mit Licht und einer Notwendigkeit für den zeitlichen Produktionsablauf zu finden." (Pehlke zu Aurich/Behring)

Am 23.9.1994 wird Heinz Pehlke "wegen seiner langjährigen herausragenden Leistungen beim Kinofilm und Fernsehen" zum "Ehrenkameramann des Jahres 1994" ernannt. Der Preis wird alle zwei Jahre von der Stadt Köln und der Deutschen Gesellschaft für Photographie unter Mitwirkung des WDR, des ZDF und RTL Television verliehen.

Heinz Pehlke lebt in Berlin.


Rolf Aurich


Literatur